Mit Anfang Juli 2023 wird der alte Bahnhof Ebreichsdorf und die Bestandsstrecke, welche durch die Ortsteile Weigelsdorf und Ebreichsdorf führt, außer Betrieb genommen. Bzw. offiziell erst im Herbst 2023 mit Schulbeginn. Bis dahin wird der alte Bahnhof in Ebreichsdorf und die Haltestelle im gleichnamigen Ortsteil Weigelsdorf vom SEV Bus angefahren, da die finalen Arbeiten an der Pottendorfer Linien zwischen Wampersdorf und Wien Meidling abgeschlossen werden und somit die Strecke dann durchgehend zweigleisig verfügbar ist.
Die Stadtgemeinde hat 11 550 Einwohner und teilt sich neben den zwei bereits genannten Ortsteilen noch auf zwei weitere auf: Unter Waltersdorf, welches Bahnexperten ein Begriff von der Bahnstrecke nach Gramatneusiedl ist und das kleine Örtchen Schranawand mit guten Wirten.
Mit Herbst 2023 wird dann der neue Bahnhof Ebreichsdorf in Betrieb gehen. Dieser befindet sich nicht am Standort des alten sondern rund 800 Meter Luftlinie in Richtung Osten und somit in Unter Waltersdorf am zur Zeit noch grünen Feld. Ob und wie sich dies ändert ist zur Zeit unklar. Geplant ist ein neues modernes Stadtentwicklungsgebiet.
Vor- und Nachteile des neuen Bahnhofs
Durch den neuen Standort ergeben sich einige Vor- aber auch viele Nachteile. Diese möchte ich gerne nachfolgend erläutern.
Grundsätzlich gibt es durch den neuen Bahnhof jenen Vorteil, dass die zur Zeit 4 Eisenbahnkreuzungen im bebauten Gemeindegebiet wegfallen. Diese befinden sich in der Feldstraße, Bahnstraße, Kreuzung Rechte und Linke Bahnzeile, sowie mit der ehemaligen Bundesstraße B60, direkt neben der Haltestelle Weigelsdorf. Die Schließzeiten bei diesen Anlagen sind/waren teilweise lang und es bildeten sich oft lange Staus vor den Eisenbahnkreuzungen.
Zusätzlich kommt dazu, dass Eisenbahnkreuzungen fehleranfälliger sein können. Dies spüre ich gerade selbst, während ich gerade diesen Artikel schreib, stehen wir vor dem Einfahrsignal Ebreichsdorf und müssen aufgrund einer Störung der EK bei der Bahnzeile warten. Neben den EK Störungen kommen viele Störungen mit der alten Sicherungsanlage dazu. Eine solche ist nicht mehr oft verbaut und die Kommunikation zwischen einer der ältesten Systeme im Bereich Ebreichsdorf Bahnhof und eine der neuesten davor (Bereich Münchendorf) und danach (Bereich Wampersdorf) dürfte nicht gut funktionieren. So kam es bei meinen drei Besuchen im Rahmen des Verfassens dieses Berichts jedes Mal zu einer solchen Störung und in Folge dessen zu Zugverspätungen teilweise im zweistelligen Bereich. Bei der neuen Trasse wird es keine einzige niveaugleiche Eisenbahnkreuzung mehr geben und der jetzige Fahrdienstleiter und die alte Technik werden durch ein modernes Stellwerk und eine Integration in die BFZ Wien ersetzt. Die Kreuzungen erfolgen durch Unterführungen.
Ein weiterer Vorteil der neuen Lösung ist, dass durch den neuen Bahnhof der Bahnlärm deutlich reduziert wird. Dies betrifft vor allem die lauten Güterzügen, welche mittlerweile 24 Stunden durch die Gemeinde fahren. Bei der neuen Trasse, welche durchgehend mit Lärmschutzwänden ausgerüstet ist, sind Siedlungsgebiete auch etwas entfernter und nicht direkte Nachbarn von den Gleisanlagen. Dies führt auch zu einem Nachteil, welchen ich später erläutern werde.
Durch die Verlagerung des Bahnhofs gewinnt man auf den ehemaligen Flächen auch neue nutzbare Fläche, auf welcher laut Aussagen von Gemeinde einer der längsten Grünparks entstehen soll. Dieser soll sich auf den gesamten Areal und auf den Gleiskörper entlang ziehen. Beim neuen Bahnhof wird es zusätzlich bessere Angebote für P&R mit mehr Parkflächen und besseren Zufahrtsmöglichkeiten geben. Dies betrifft vor allem die vielen Pendler aus den nahegelegenen Leithagebiergs-Gemeinden, welche ihren PKW gerne beim Bahnhof Ebreichsdorf abstellen und früher immer über eine der Eisenbahnkreuzungen fahren mussten und durch das Wohngebiet. Neu können sie dann direkt von der B60 zur Anlage zufahren.
Nun aber zu einigen negativen Punkten bzw. offenen Fragen, welche ich mir stelle:
Was ist die Alternative für die bestehende Haltestelle Weigelsdorf? Aus meiner Sicht gibt es hier keine Alternative. Der neue Bahnhof ist für zu Fuß gehen am täglichen Arbeitsweg zu weit weg und ob es hier attraktive Buslinien geben wird, ist zu hinterfragen, auch wenn diese Buslinien zum Bahnhof Ebreichsdorf fahren und dort an die Züge anschließen. Dies ist für viele Menschen dann unattraktiv und nicht zu gebrauchen, da Busse oft deutlich kürzere Betriebszeiten haben, einen schwächeren Takt, sowie nicht den Stellenwert zum Pendeln bei Menschen hat, den die Bahn genießt. Natürlich werden aus dem Ortsteil Unter Waltersdorf neue Leute den Bahnhof nützen können, nur dort stellt sich sowieso die Frage, ob man die ehemalige Bahnhaltestelle wirklich auflassen hätte sollen. Dies ist aber ein anderes Kapitel.
Ist der neue Bahnhof für Menschen aus dem Ortsteil Ebreichsdorf attraktiv? Hier gilt ähnliches wie vorhin. Durch die Verlegung um 600 Meter raus aus dem bewohnten Gebiet sinkt das Einzugsgebiet für Menschen, welche die First und Last Mile zu Fuß zurücklegen. Hier liegt die Grenze des zumutbaren meist bei rund 500 Meter bis 1000 Meter. Allerdings sind die 600 Meter nur Luftlinie (!) Somit wird der neue Bahnhof die Erreichbarkeitsgruppe von Menschen, welche First und Last Mile zu Fuß zurücklegen, reduzieren und diese Leute steigen wieder auf das Auto um und fahren unter Umständen gleich direkt zu ihren Arbeitsplätzen mit dem Auto.
Aus meiner Sicht hätte man darüber nachdenken können, die Bestandsstrecke teilweise beizubehalten und für den regionalen Personenverkehr zu nützen bzw. eine neue Haltestelle auf der neuen Strecke auf Höhe Weigelsdorf errichten sollen. Nun muss man versuchen mit attraktiven Angeboten im Bereich des Busses, Leute dazu zu bringen diese zu benützen und trotzdem weiterhin mit dem Zug zu fahren. Zu mindestens nach den derzeitigen Planungen wird die S-Bahn-Linie S60 in Zukunft für Menschen, welche in Ebreichsdorf ein- und aussteigen attraktiver. Zur Zeit ist sie dies aufgrund des langen Halts in Münchendorf, aufgrund des Vorfahrens der schnellen REX Züge, nicht.
Neue Fahrpläne für Ebreichsdorf
Es wird sowohl in den nächsten Jahren im Bereich des ÖPNV auf der Schiene als auch auf der Straße im Bereich des Busses zu Verbesserungen bei den Fahrplänen kommen. Welche Änderungen bereits feststehen sind für den Schienenbereich in den Vorankündigungen für Verkehrsdienste vom VOR, veröffentlicht auf der BMK Seite, einzusehen. Kurz zusammengefasst wird es in Zukunft, dies ist allerdings noch nicht nach Fertigstellung der Arbeiten im Herbst, einen Halbstundentakt der S-Bahn-Linie S60 bis Wampersdorf geben. Die Züge werden mit idealen Umsteigeverbindungen in Ebreichsdorf an den REX6 angeschlossen. Für den REX6 werden sich erst nach Fertigstellung der diversen Schleifenprojekte im und im Grenzbereich zum Burgenland große Veränderungen ergeben. Diese Leistungen werden vom VOR extra ausgeschrieben und sind nicht Teil der oben verlinkten Vorankündigungen. Dies hatte bis jetzt den Hintergrund der Direktvergabe an die Raaberbahn. Da dies durch die neuen Eisenbahnpakete nicht mehr erlaubt ist, werden diese Leistungen europaweit ausgeschrieben.
Für den Regionalbusverkehr rund um Ebreichsdorf gibt es Änderungen, welche vorwiegend auf der Seite des VOR einsehbar sind. Hier geht es vorrangig darum, die ganzen Bestandsbuslinien via dem neuen Bahnhof Ebreichsdorf zu führen und es geht um Taktverdichtungen. Die verlinkten Änderungen werden nicht alle sein. Fraglich ist wie es mit dem „4er Stadtbus“ in Ebreichsdorf weitergeht. Wird dieser einfach an den neuen Bahnhof angebunden oder bekommt er ganz neue Routen?
Medien
Fotoalbum vom 10. Mai 2023 aus Ebreichsdorf
Fotoalbum vom 16. Juni 2023 aus Ebreichsdorf und Umgebung
Fotoalbum vom 21. Juni 2023 aus Ebreichsdorf und Umgebung
Artikel vom 26. August 2018 zum Thema Baustelle auf der Pottendorfer Linie
Projektseite der Baustelle der Pottendorfer Linie von der ÖBB-Infrastruktur AG
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